Gemälde von Ernst Vollbehr: „Karawankenkamm Süd", 1944

Karawankenkamm Süd von Ernst Vollbehr, 1944
Gouache auf Papier, 49 x 69 cm
Kunstsammlung des Landes Kärnten / MMKK, KLK 677
Foto: F. Neumüller

Ernst Vollbehr, geboren 1876 in Kiel, war Maler, Illustrator und Reiseschriftsteller. Bekanntheit erlangte er durch Bilder, die er auf Reisen in alle Welt, vor allem in die europäischen Kolonien in Afrika und Asien, anfertigte. Als gefeierter, propagandistisch arbeitender Kriegsmaler im Ersten und Zweiten Weltkrieg waren seine Darstellungen von Flugzeugen und Zeppelinen aus, charakteristisch für ihn.

 

Seine ideelle und personelle Nähe zum nationalsozialistischen Regime in Deutschland führten ab den 1930er-Jahren zu mehreren, hoch angesehenen öffentlichen Aufträgen an den Künstler. Seiner Verbindung zu Fritz Todt, dem Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, verdankte er zwei große, auch finanziell lukrative Aufträge: die offizielle malerische Dokumentation vom Ausbau der Reichsautobahn, deren Baustellen er von 1933 bis 1938 in Gemälden festhielt, sowie 1939/40 die Dokumentation vom Bau des Westwalls. Diese Aufträge entstanden parallel zu seinem Einsatz als Kriegsmaler an der Ostfront. Sie dienten, in Buchform veröffentlicht und in Ausstellungen präsentiert, der Verherrlichung des Regimes durch das Hervorheben seiner propagandawirksam ausgeschlachteten Infrastrukturprojekte und damit der ideologischen Indoktrinierung der Bevölkerung. Einer solchen Indoktrinierung dienten auch Vollbehrs Kriegsbildern von der Front. Der Titel Arbeitsschlacht eines der Bildbände zum Straßenbau von 1938 verdeutlicht die Parallele nur zu gut. Beide Arten propagandistischer Bilder sparten die realen Zustände naturgemäß aus.

 

Die vier Bilder Vollbehrs vom Bau des Loibl-Tunnels, datiert mit 1. bzw. 2. Juni 1944, ähneln seinen anderen Baustellenbildern für das NS-Regime. Auch beim Bau dieses Tunnels handelte es sich um ein wichtiges Infrastrukturprojekt des „Deutschen Reiches“, das von der Kärntner NS-Führung forciert wurde. Der Tunnel sollte die Verbindung in die annektierten Gebiete in Slowenien und an die Adria verbessern. Drei der Bilder zeigen die Baustelle am Südeingang des Tunnels und im Tunnel, eines zeigt eine Ansicht der Südseite des Karawankenkammes mit einem Teil des vom Künstler auf dem Blatt als Häftlingsarbeiter- und SS-Lager beschrifteten, ein Jahr zuvor errichteten Außenlager des KZ Mauthausen Loibl Süd. Weitere Beschriftungen erläutern die dargestellten Gebäude und Objekte. Es wird eine naturgetreue Schilderung suggeriert. Die Darstellung leitet den Fokus jedoch vor allem auf die schöne natürliche Umgebung. Die Bilder Vollbehrs vom Bau des Loibl-Tunnels feiern den technischen Fortschritt, für den der Tunnelbau steht, sowie die natürliche Umgebung als landschaftliche Idylle. Die Gewalt gegen die Häftlinge, ihr Leid und Elend, blenden sie aus. In den Tagen unmittelbar bevor der Künstler die Darstellungen anfertigte, erschoss die Lager-SS drei Häftlinge „auf der Flucht“. Bei den Häftlingen des KZ Loibl handelte es sich größtenteils um Widerstandskämpfer aus Frankreich und Polen, die zwischen Juni 1943 und März/April 1945 dort inhaftiert waren.

 

Ernst Vollbehr lebte ab 1950 in Marburg an der Lahn und in Krumpendorf am Wörthersee, wo er 1960 starb. Da er 1947 entnazifiziert worden war konnte wieder uneingeschränkt am öffentlichen Leben teilhaben. Er stellte erneut als Tropenmaler in Deutschland und Österreich aus. Die Bilder vom Bau des Loibl-Tunnels wurden 1950/51 vom ehemaligen Nationalsozialisten und damaligen provisorischen Direktor des Kärntner Landesmuseums Gotbert Moro für die Sammlung der Kärntner Landesgalerie erworben. Über das KZ am Loibl, als auch über Ernst Vollbehrs Rolle als NS-Propagandamaler wurde mehrere Jahrzehnte lang geschwiegen.

 

 

Magdalena Felice

Museum Moderner Kunst Kärnten

gerade ausgestellt im

Landesmusem Kärnten

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