Artikel von Radan Dolejš in der „Divadelní revue" über Karel Hašler, 2017

Doppelseite aus der Divadelní revue mit dem Titel Pohled z pekla do ráje. Posledny dny Karla Hašlera" (Blick aus der Hölle ins Paradies. Die letzten Tage des Karel Hašler),

Divadelní revue 2017, No. 2, 127–136, hier 128 und 129.

Druck, 16,5 x 24,5 x 1,1 cm
© Divadelní revue 
 

Im Handapparat der Sammlung von Handschriften des Theatermuseums, Wien, befindet sich die in Prag erscheinende Divadelní Revue (Theaterrevue). Das zweite Heft des Jahres 2017 enthält einen Artikel des Musikologen, Historikers, Sängers und Fernsehmannes Radan Dolejš, der detailliert und quellenkritisch die Todesumstände des in Mauthausen ermordeten tschechischen Schauspielers, Sängers, Musikers, Regisseurs, Kabarettisten sowie Filmschaffenden – um nur einige seiner Tätigkeiten zu nennen – Karel Hašler (1879–1941) samt seiner Verhaftung und Inhaftierung rekonstruiert.

 

In mehrfacher Hinsicht bildet dieses Objekt das Verhältnis performativer künstlerischer Aktivität im KZ Mauthausen und der Sammlungen des Theatermuseums ab. Denn von jenen performativen Künstlern, von denen Material in den Sammlungen des Theatermuseums verwahrt werden und die im Zuge der Shoa ermordet wurden, gibt es nach heutigem Kenntnisstand nur wenige Personen, die in das KZ Mauthausen verschleppt wurden. Neben dem Tänzer und Choreografen Alexander/Sascha Leontjew (1897–1942) und dem Theatermann Emil Geyer (1872–1942) ist eben auch Karel Hašler zu nennen. Auch sind für das KZ Mauthausen selbst nur wenige Zeugnisse performativer künstlerischer Aktivität vorhanden. Theatrale Tätigkeiten im KZ Mauthausen sind kaum überliefert, auch, weil sie eigentlich verboten waren.

 

Auffällig, dass die wenigen diesbezüglichen Zeugnisse – wie eben der Beitrag über Karel Hašler – nicht in deutscher Sprache, sondern vorwiegend auf Polnisch, Tschechisch oder Spanisch, den Sprachen der Herkunftsländer vieler Verschleppter, verfasst wurden. Dieser Umstand erschwerte und erschwert die Rezeption zusätzlich. Sprachbarrieren behinderten aber auch Dolejš: Einzelne Details, die im Original in deutscher Sprache verfasst wurden, wurden offensichtlich falsch übersetzt; mangels Einsichtsmöglichkeit in die in Privatbesitz befindlichen Originaldokumente bleibt die Rückübersetzung stets problematisch. 

 

Die quellenkritische Ausrichtung des Artikels von Dolejš illustriert beispielhaft die Problematik der Erinnerung an die Gräuel der Shoah. Vier unterschiedliche, sich partiell überschneidende Umstände des Todes Hašlers werden in den Zeugnissen referiert und diskutiert. Die angeführten Quellen sind zudem Zeugnis der Mythenbildung um einen in den böhmischen Ländern populären Schauspieler und Sänger, der zu einem nationalen Märtyrer wurde. Hašlers patriotische Lieder – hierbei handelt es sich allerdings nur um einen Ausschnitt seines musikalischen Schaffens –, waren bereits während Ersten Weltkrieges Vehikel des Widerstandes gegen das Habsburgerreich geworden. Während der Okkupation wurden seine Lieder wie Ta naše písnička česká (Unser tschechisches Lied) oder Svoboda je Svoboda (Freiheit ist Freiheit) zu so etwas wie inoffiziellen Hymnen des Widerstandes. Von der Wirkungsmächtigkeit dieser Lieder berichtet auch der Schauspieler Paul Hörbiger (1894–1981), der mit Hašler seit seinem Engagement in Prag bekannt war, anekdotenhaft in seinen Memoiren. Auch Dolejš richtet in seiner Vorstellung des Lebens Hašlers bis zur Verhaftung den Fokus weniger auf dessen theatrale Karriere, sondern viel mehr auf seine sängerische Tätigkeit. Und so wundert es nicht, wenn das erwähnte Zeugnis über die letzten Tage Hašlers uns einen zur Gitarre patriotische Lieder singenden Häftling zeigt. De facto waren Häftlingen zum damaligen Zeitpunkt Musikinstrumente im KZ Mauthausen noch verboten. 

 

Kurt Ifkovits

THEATERMUSEUM - KAREL HASLER

 

Artikel in tschechischer Sprache
Článek v českém jazyce 

Übersetzung

  • Übersetzung des gesamten Artikels von Radan Dolejs
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