Zellentür aus dem Nibelungenwerk in St. Valentin, 1940–1945
Holz, Metall, 163,5 x 198,5 cm
Geschichtliches Museum der Stadt St. Valentin
Bereits seit 1964 gab es in St. Valentin am Hauptplatz im Keller der Volksschule ein Heimatmuseum. Das Museum in seiner heutigen Form wurde im Juni 1993 in den Räumlichkeiten eines großen Vierkanthofes auf dem Hauptplatz eröffnet. Die erste Erweiterung des Museums erfolgte bereits gegen Ende der 1990er-Jahre, wo ein Teil des ehemaligen Schweine- und des Kuhstalls adaptiert wurde. Als Übergang vom Museum in die erweiterten Räume wurde eine Tür gebraucht.
Einer der vielen ehrenamtlichen Helfer*innen, die den Betrieb des Museums aufrechterhalten, ein ehemaliger Beschäftigter des Nibelungenwerkes (Ni-Werk), berichtete Ende der 1990er-Jahre vom Ausbau einer Zellentür im Ni-Werk. Selbstverständlich versuchte das Heimatmuseum, diese Tür zu bekommen. Die Tür wurde schließlich eingebaut, ohne dass das Museumsteam die Provenienz der Tür weiter überprüfte.
Woher diese Zellentür war, konnte nicht genau nachvollzogen werden, erzählt wurde jedoch, dass die Tür von einer der wenigen Gefängniszellen im Nibelungenwerk stammen solle. Dort wurden angeblich Zwangsarbeiter*innen, denen unterstellt wurde, nicht gut zu arbeiteten oder sich kleine Vergehen zu Schulden kommen ließen, tageweise eingesperrt. Interessant sind die verschiedenen Inschriften, die in die Tür geritzt beziehungsweise auf die Tür geschrieben wurden, viele französische und russische Wörter, aber auch Zeichnungen sind darunter zu finden.
Mittlerweile weiß man mehr über die Geschichte des Nibelungenwerkes, das am 19. September 1939 unter dem Codenamen OKH Spielwarenfabrik gegründet wurde. Von seiner Gründung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges befand sich im Nibelungenwerk die größte Panzerfabrik des Deutschen Reiches. In neun großen Hallen wurde Tag und Nacht gearbeitet. Kriegsbedingt konnten bald nicht mehr genug Arbeitskräfte rekrutiert werden, weshalb im August 1944 erstmals Häftlinge aus dem nahe gelegenen KZ Mauthausen zur Arbeit mit der Bahn ins Nibelungenwerk gebracht wurden. Schließlich mussten die KZ-Häftlinge für ihre eigene Unterbringung Holzbaracken errichten, sodass bis zu 1.480 Häftlingen ständig im Nibelungenwerk blieben. Dabei handelte es sich in erster Linie um polnische und ungarische Juden. Nach ihrer Schicht mussten sie auch noch die Baracken reinigen oder sie wurden zum Bau des Luftschutzbunkers eingeteilt.
Da hauptsächlich französische und russische Inschriften zu finden sind, ist das ein Beleg dafür, dass die Tür auch vor der Einrichtung des KZ-Lagers im Zwangsarbeiter*innenlager genutzt wurde.
Uta M. Matschiner