Buch von Wacław Sobieski „Żółkiewski na Kremlu“, 1920, mit Provenienzhinweis auf Stanisław Nowogrodzki

Buch von Wacław Sobieski „Żółkiewski na Kremlu“, 1920, mit Provenienzhinweis auf Stanisław Nowogrodzki 

NS-Provenienzforschung/Universitätsbibliothek Wien, Inventarnummer P-45782
Foto: Marc Drews

Das Buch des Historikers Wacław Sobieski (1872–1935) mit dem Titel Żółkiewski na Kremlu (Żółkiewski im Kreml) von 1920 befindet sich im Bestand der Universitätsbibliothek Wien (UB Wien). Dieses Werk wurde zwar erst im Oktober 1963 für die Bibliothek des Instituts für osteuropäische Geschichte und Südostforschung (heute Fachbereichsbibliothek Osteuropäische Geschichte und Slawistik) im Antiquariat oder Buchhandel erworben, dennoch konnte die NS-Provenienzforschung der UB Wien einen Zusammenhang zur nationalsozialistischen Diktatur herstellen.

 

Das Buch enthält Stempel und einen handschriftlichen Vermerk von Stanisław Nowogrodzki. Der Historiker, Restaurantbesitzer und spätere Widerstandskämpfer Nowogrodzki wurde am 12. August 1908 in der polnischen Stadt Krzeszowice geboren. Von 1928 bis 1932 studierte er Geschichte an der Jagiellonen-Universität (Uniwersytet Jagielloński) in Kraków. Seinen Schwerpunkt legte er auf die Erforschung der mittelalterlichen Geschichte und promovierte 1934 über Westpommern und Polen in den Jahren 1323–1370. Während des Studiums war er in einer national und katholisch gesinnten Jugendorganisation tätig und seit 1934 Mitglied in der Stronnictwo Narodowe (Nationale Partei, SN), deren Ziel die Bildung eines katholischen Staates polnischer Nation war. 1938 wurde Nowogrodzki zum Stadtrat in Kraków gewählt und Ende 1939 übernahm er die organisatorische Leitung der Bezirksverwaltung der SN.

 

Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 beteiligte sich Nowogrodzki am polnischen Widerstand. Im Untergrund transportierte er Waffen und Flugblätter, auch diente sein Restaurant als Unterschlupf. Er wurde erstmals am 14. Juni 1940 und zwei Jahre später, am 28. April 1942, von der Gestapo verhaftet. Am 18. Mai 1942 wurde er in das Konzentrations- und vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort als „Pole Schutzhaft“, also als politischer Häftling, geführt. Am 10. Juni 1942 kam er im KZ Mauthausen an. Wenige Wochen später, am 1. Juli 1942, wurde er im KZ Gusen ermordet.

 

Die Rekonstruktion der Provenienzkette und der mögliche Entzugsweg des Buches von Nowogrodski konnten bislang nicht ausreichend recherchiert werden. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass Nowogrodzki das Werk während des NS-Regimes verkaufen musste oder dieses von Nationalsozialisten geraubt wurde, hat die UB Wien die Eintragung in die Kunstrückgabedatenbank des Nationalfonds vorgenommen, um weitere Informationen zu erhalten. Wir freuen uns über Hinweise zur Provenienz!

 

Die UB Wien befasst sich seit 2004 im Rahmen der NS-Provenienzforschung wissenschaftlich mit ihren eigenen Beständen sowie der Erwerbungspolitik in der NS-Zeit und stellt sich der Frage des adäquaten Umgangs mit Raubgut. Die UB Wien leistet mit der Provenienzforschung einen aktiven Beitrag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus und reiht sich mit diesem höchst aktuellen internationalen Thema in die vielfältigen Forschungs- und Gedenkprojekte zur Geschichte der Universität Wien und zum Nationalsozialismus ein.

 

Jutta Fuchshuber, Markus Stumpf

NS-Provenienzforschung | Universitätsbibliothek Wien

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  • Buch mit Provenienzhinweis auf Stanisław Nowogrodzki
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