Dankkundgebung Überlebender für die US-Befreier, Gusen 1945

Fotografie einer Dankkundgebung Überlebender für die amerikanischen Befreier am Appellplatz im ehemaligen KZ Gusen, Mai 1945
Schenkung von Charles R. Sandler, 9 x 12,5 cm
Gedenkdienstkomitee Gusen/Sammlung Rudolf A. Haunschmied 

Fotograf*in unbekannt

Diese Fotografie zeigt eine Dankkundgebung überlebender Häftlinge zu Ehren ihrer US-amerikanischen Befreier auf dem Appellplatz des ehemaligen KZ Gusen I im Mai 1945. Sie veranschaulicht, wie die Häftlinge ab 1944 bei den Appellen blockweise aufgestellt waren. Seit dem Jahr 1940 fanden auf diesem Appellplatz täglich zwei bis drei Mal Zählappelle statt, zu denen bis zu 12.000 Häftlinge antreten mussten. Im Februar 1945 erreichten die Lager Gusen I, II und III den Höchststand von über 26.000 Häftlingen und stellten damit zeitweise den größten KZ-Komplex auf dem Gebiet des heutigen Österreich dar.

 

Die Fotografie zeigt auch die Bauwerke im südöstlichen Bereich zum Zeitpunkt der Befreiung. Im Vordergrund liegt die etwa drei Meter hohe Lagermauer, die breite Transportstraße und die Schusszone, welche das KZ Gusen I einst im Osten und im Norden umsäumte. Die abgebildete östliche Lagermauer war im nördlichen Drittel durch ein in Doppelbauweise ausgeführtes zweites Lagertor durchbrochen, welches von den Häftlingen täglich beim Marsch zu den Arbeitskommandos durchschritten wurde.

 

An den inneren Bereich dieses zweiten Lagertores schloss der elektrisch geladene Lagerzaun an, der rund um das Häftlingslager verlief und in dem seit 1940 unzählige Häftlinge zu Tode kamen. Zu erkennen ist auch der sogenannte Todesstreifen zwischen der Lagermauer und dem elektrischen Zaun. Dieser Bereich – vom in der oberen linken Ecke sichtbaren Balkon des Jourhauses bis zum nächstgelegenen Wachturm – war mit Maschinengewehren bestückt und diente den SS-Wachsoldaten auch als Postenweg. Auf diesem patrouillierten bewaffnete SS-Männer in Ergänzung zu den sogenannten Turmposten, um jegliche Fluchtversuche unmöglich zu machen.

 

Hinter der südlichen Lagermauer, die ebenfalls im oberen linken Bildrand zu sehen ist, ist auch die SS-Küche mit einigen hohen Schornsteinen zu erkennen. Unmittelbar parallel daneben, aber bereits innerhalb der Lagermauer, ist auch der langgestreckte Bau des „Häftlingsbordells“ zu sehen, das im KZ Gusen I im Herbst 1942 in Betrieb genommen wurde. Entlang des Appellplatzes sind die Häftlingsunterkünfte Block A, B und C zu sehen, welche erst 1944 errichtet wurden.

 

Die tausenden, an diesem Tag noch einmal auf dem Appellplatz angetretenen ehemaligen Häftlinge, warteten auf die nach der Befreiung für die Verwaltung des ehemaligen KZ verantwortlichen U.S. Army-Mitglieder. Von diesen sind namentlich bekannt Lt. Col. Milton W. Keach, US-Militärbefehlshaber des befreiten KZ Gusen, und Major Charles R. Sandler, stellvertretender amerikanischer Militärbefehlshaber des befreiten KZ Gusen. Außerdem galt die Ehrenkundgebung den Vertretern der befreiten Häftlinge, wie Dr. Antoni Gościński, zuvor oberster Häftlingsarzt im KZ Gusen, und John Carter. Carter war ein in Gusen inhaftierter alliierter Geheimdienstagent, der in den Tagen der Befreiung gemeinsam mit Dr. Gościński und dem Oberarzt der Wiener Feuerschutzpolizei Dr. Kurt Günther die Übergabe des befreiten KZ Gusen an die US-amerikanischen Befreier organisiert hatte.

 

Diese Aufnahme wurde im Jahre 1999 gemeinsam mit anderen Fotografien dieser Dankkundgebung und von Szenen aus den Tagen nach der Befreiung durch Major Rtd. Charles R. Sandler dem Autor zur Verfügung gestellt. Major Sandler war 1945 Angehöriger des 21st Armored Infantry Battalion der 11th Armored Division der 3rd U.S. Army.

 

Rudolf A. Haunschmied
Gedenkdienstkomitee Gusen

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