Entwurf für den Denkmalpark an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, 1953

Wilhelm Schütte, Entwurf für den Denkmalpark an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen mit den Denkmälern Frankreichs, Italiens, Polens, Österreichs und der Sowjetunion, 1953
14,5 x 43,5 cm, Lichtpause
© Architekturzentrum Wien, Sammlung 

 

Kurz nach seiner Rückkehr aus dem Exil nach Österreich im Jahr 1947 war Wilhelm Schütte (1900–1968) als lokaler Architekt für die Bauaufsicht des ersten Länder-Denkmals in Mauthausen zuständig. In Zusammenarbeit mit dem französischen Architekten André Bruyère und dem Bildhauer Fritz Cremer entstand 1949/50 das französische Denkmal, nachdem ursprünglich ein gemeinsames für alle Opfer des Nationalsozialismus geplant gewesen war. Schütte oblag es, die Pläne für das französische Denkmal vorzustellen und dessen Umsetzung zu koordinieren. 

 

In zahlreichen Briefen lässt sich nachlesen, dass er sich in Folge weiteren Ländern als Bauaufsicht antrug. Dabei war ihm das harmonische Zueinander der einzelnen nationalen Denkmäler ein großes Anliegen. Sie sollten nicht miteinander konkurrieren, sondern sich gegenseitig bestärken. 

Die vorliegende Zeichnung zeigt die Denkmäler Frankreichs, Italiens, Polens, Österreichs und der Sowjetunion in der von Schütte vorgeschlagenen Lage vor dem Haupttor des KZ Mauthausen. Im Nachlass von Wilhelm Schütte existieren auch Entwurfszeichnungen für das sowjetische Denkmal, das allerdings in anderer Form ausgeführt wurde, sowie für den geänderten Standort des spanischen Denkmals. Schüttes Anteil am Entwurf dürfte beim französischen Denkmal am größten gewesen sein, danach spielte er vor allem für die Koordination mit internationalen Architektenkollegen, die konkrete Umsetzung und die Überlegungen der Beziehung der einzelnen Denkmäler zueinander eine wichtige Rolle.

 

Die Arbeit für den Denkmalpark hat in Schüttes Œuvre einen großen Stellenwert – auch weil er aufgrund seiner kommunistischen Gesinnung nach 1945 von öffentlichen Aufträgen in Österreich so gut wie ausgeschlossen blieb. Dabei gilt er vor allem auch als Experte für den Schulbau, den er vor dem Zweiten Weltkrieg während seiner Mitarbeit am ambitionierten Stadtplanungsprogramm Neues Frankfurt als Leiter der Unterabteilung Schulbau perfektionierte. 

Dort begegnet er auch seiner späteren Frau, der österreichischen Architektin Margarete Lihotzky (1897–2000). Sie wurde vom Leiter des Hochbauamtes, Ernst May, 1926 an die Typisierungsabteilung in Frankfurt engagiert. Hier gelang Margarete Schütte-Lihotzky mit dem Entwurf der berühmten Frankfurter Küche der Prototyp der modernen Einbauküche. 

 

Als Ernst May 1930 eine Berufung nach Moskau zur Planung sozialistischer Städte annahm, begleitete ihn das Ehepaar Schütte – Margarete als Expertin für Kinderbauten und Wilhelm als Experte für Schulbau. Infolge der sich verschärfenden politischen Situation in der Sowjetunion emigrierte das Ehepaar 1938 in die Türkei, wo beide an der Akademie der Schönen Künste in Istanbul unterrichteten. Im Rahmen geheimer Kurierdienste für die Widerstandsgruppe der österreichischen KPÖ, der das Ehepaar nach Kriegsbeginn beigetreten war, wurde Margarete 1941 in Wien verhaftet. Zunächst zum Tode verurteilt, verbüßte sie eine mehrjährige Haftstrafe in Bayern, wo sie im April 1945 durch US-amerikanische Truppen befreit wurde. Wilhelm Schütte, der im Hinblick auf sein Wirken im Widerstand jahrzehntelang im Schatten seiner Frau stand, war – wie neuere Untersuchungen zeigen – als Agent des britischen Militärgeheimdienstes SOE tätig. Erst 1947 kehrte er und seine Frau nach Wien zurück. 

 

Der Zweite Weltkrieg bedeutete eine Zäsur in seiner Architektenkarriere. In Wien konnte Wilhelm Schütte bloß einige Aufträge für die KPÖ ausführen – unter anderem das Globus-Verlagsgebäude in Wien 20 (1954–1956), das er gemeinsam mit der seit 1951 getrennt von ihm lebenden Margarete sowie mit Fritz Weber und Karl Eder errichtete. Am markantesten für die späten Jahre seiner Laufbahn sind jedoch die Arbeiten für den Denkmalpark in Mauthausen.

 

Sonja Pisarik

Architekturzentrum Wien

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