Zimmerofen aus Gusseisen, archäologischer Fund

Zimmerofen aus Gusseisen, archäologischer Fund
30 x 24 x 60 cm, Gusseisen, Schamottsteine
Graz Museum, Fnr. 2020_Lib_192
© Graz Museum

Im Inneren des Zimmerofens aus Gusseisen mit einer Breite von 30 cm, einer Tiefe von 24 cm und der erhaltenen Höhe von 60 cm sind noch Reste der Schamottsteine zu erkennen. Leider wurde er bei seiner Bergung 2020, die im Rahmen einer archäologischen Ausgrabung am Gelände des Zwangsarbeitslagers Liebenau im Vorfeld zur Errichtung von Wohngebäuden stattfand, stark zerstört. Erhalten geblieben ist vor allem der untere Teil des Ofens auf vier Füßen mit der Schürtür und einem Luftzufuhrregler sowie der (nach oben gebogene) Feuerungsrost und eine der vier Ofenwände. Der Ofen wurde nach der Bergung nur grob gereinigt und befindet sich heute, wie auch andere archäologische Funde aus dem Bereich des ehemaligen Zwangsarbeitslagers Liebenau, im Depot der Stadtarchäologie Graz (Graz Museum, Abteilung Sammlungen). 

 

Der mit Schamotte ausgemauerte Feuerungsraum deutet auf einen Durchbrandofen, auch irischer Ofen genannt, hin. Dieser wurde 1856 patentiert und war ab dem Ende des 19. Jahrhunderts in Europa weit verbreitet. Der gesamte Feuerraum wurde mit festem Brennmaterial, meist Kohle, befüllt. Die Luftzufuhrregler an der unteren Schürtür und der Aschentür bewirkten ein gleichmäßiges Durchbrennen der Brennstofffüllung von unten nach oben. Der Feuerungsrost trennte die Kohle von der Asche.

 

Schamottsteine als „Futter“ eines Ofens aus Gusseisen dienten zwei Zwecken: Erstens der besseren Wärmespeicherung und zweitens waren sie bei mit Kohle beheizten Öfen wichtig, um das Rotglühen des Eisens zu verhindern und somit die Lebensdauer des Ofens zu verlängern. 

 

Durchbrandöfen irischer Bauart gehörten zur Standardausstattung der Baracken des Reichsarbeitsdienstes (RAD), die auch als Muster für das Lager V am Grünanger in Liebenau dienten. Dabei befanden sich meist mehrere Öfen in jeder Baracke, wobei, je nach Status des/der Untergebrachten und/oder der Raumfunktion, ein Ofen unterschiedlich große Räume beheizte. Ursprünglich für umgesiedelte Volksdeutsche 1940 errichtet, waren im Lager Liebenau mit seinen 190 Holzbaracken ab 1941 ausländische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter*innen untergebracht. In den letzten Kriegswochen war das Lager Zwischenstation von ungarischen Jüdinnen und Juden, die auf ihrem Todesmarsch in die Konzentrationslager Mauthausen und Gunskirchen getrieben worden waren. Nach Kriegsende dienten die Baracken als Unterkunft für Vertriebene und Flüchtlinge.

 

Susanne Lamm

Graz Museum

 

 

 

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