Geschmolzenes Fensterglas aus dem KZ-Außenlager Redl-Zipf

Geschmolzenes Fensterglas aus dem KZ-Außenlager Redl-Zipf
Oberflächenfund vom Gelände des ehemaligen Lagerareals, 1943-1945
ARGE Schlier
©ARGE Schlier, Foto: Franz W. Ottinger

Von Herbst 1943 bis Anfang Mai 1945 bestand in Zipf, im Bezirk Vöcklabruck, das KZ-Außenlager Redl-Zipf. Es wurde auch Schlier genannt, nach dem Decknamen des errichteten Rüstungsbetriebes. In den erweiterten unterirdischen Kelleranlagen der Brauerei Zipf wurden flüssiger Sauerstoff erzeugt und Triebwerke für V2-Raketen in einem oberirdischen Teststand geprüft. Nachdem im August 1944 die einige Monate zuvor fertiggestellten Anlagen durch eine schwere Explosion stark beschädigt worden waren, wurde weiterhin flüssiger Sauerstoff produziert. Die Testanlage ist nach Anweisungen durch den Technischen Direktor der Heeresversuchsanstalt Peenemünde Wernher von Braun (1912–1977) wieder instandgesetzt worden, Triebwerktests fanden jedoch in Redl-Zipf keine mehr statt.

 

Am 3. Mai 1945 Befahl SS-Obersturmführer Alfons Bentele (1899–vermutlich 1946), der letzte Lagerführer des KZ-Außenlagers Redl-Zipf, dieses zu räumen. Die US-amerikanischen Truppen waren bereits in der Nähe. Die KZ-Häftlinge wurden per Lastkraftwagen oder zu Fuß ins KZ-Außenlager Ebensee überstellt. Auf dem Weg nach Ebensee nutzten manche Häftlinge die Möglichkeit zur Flucht. In Zipf vernichteten die SS und einige Kapos, die noch in SS-Uniformen gesteckt wurden, die Spuren und brannten die Baracken des Lagers nieder. 

 

In der Zeit zwischen der Räumung des Lagers und dem Brand erkundeten Ortsansässige das KZ-Außenlager. Der Frankenburger Franz Ottinger (1931-2012) betrat eine Baracke, als gerade ein Mann in grüner Uniform auf einem Tisch stand und aus einem Kanister Benzin verschüttete. Als dieser Franz Ottinger erblickte, verjagte er ihn mit harschen Worten. Ottinger ergriff einen in der Baracke liegenden Elektromotor und warf ihn schnell aus dem Fenster. Unmittelbar danach stand das Lager in Flammen. Der von Franz Ottinger entdeckte Elektromotor stammte vom Unternehmen Bernhard, dem Fälscherkommando unter der Leitung von SS-Sturmbannführer Bernhard Krüger (1904–1989). In Zipf wurden Dollarnoten, Dokumente und Ausweise gefälscht, Pfundnoten sortiert und kurz vor Räumung des Lagers teilweise vernichtet. 

 

Nach Kriegsende verwendeten die Amerikaner das Areal des zuvor abgebrannten Lagers als KFZ-Abstellplatz. Die gegen Kriegsende in das innere Salzkammergut flüchtenden deutschen Wehrmachts- und SS-Einheiten sowie verbündete ungarische Militäreinheiten hatten unzählige Fahrzeuge einfach zurückgelassen. Die am Abstellplatz befindlichen Militärfahrzeuge wurden später, nach dem Krieg von einem lokalen Mechaniker ausgeschlachtet und verwertet. 

 

Jahrzehntelang blieb das ehemalige KZ-Gelände weitgehend unbeachtet. Es wuchs im wahrsten Sinne des Wortes Gras drüber – der Pächter der Landwirtschaft nutzt es im Sommer als Kuhweide. Der in den 80er-Jahren errichtete Denkmal an die Opfer des KZ Redl-Zipf wurde nach Intervention des ehemaligen französischen Häftlings Paul Le Caër (1923–2016) bei der 1955 geweihten Kirche in Zipf errichtet. Seit 2008 beschäftigt sich die Arbeitsgemeinschaft Schlier mit der Dokumentation, wissenschaftlichen Erforschung und dem Zugängigmachen der baulichen Überreste des ehemaligen KZ-Außenlagers Redl-Zipf sowie es Rüstungsbetriebs Schlier im Zuge des Projektes Gedenklandschaft. Auf dem Areal des ehemaligen KZ-Außenlagers wurden auch Oberflächenfunde gesichert. Unter anderem die geschmolzenen Glasscherben der Barackenfenster kamen dabei zum Vorschein. Diese befinden sich heute im Archiv der ARGE Schlier.

 

ARGE Schlier

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  • Glasscherben
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