Siegesmedaille des Marathonlaufes für Otto Pensl, 1925
6,5 x 4,3 cm, im roten Lederetui
Stadtarchiv Steyr / AT 40201-AR-6-NL-60-1
Otto Pensl (1895–1945) war ein bemerkenswerter Athlet, ein engagierter Arbeiter und ein mutiger Widerstandskämpfer gegen die Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur und den Nationalsozialismus. Nach seiner Schulzeit in Linz und einer Ausbildung zum Mechaniker in Steyr begann er eine Laufbahn als sportlicher Allrounder. Als Mitglied des Arbeiterturnvereins Vorwärts Steyr war er Turner, Leichtathlet, Kletterer und Skispringer. Oft nahm er auch als Bergretter an Einsätzen im Gesäuse-Gebirge teil. 1925 gelang ihm eine außergewöhnliche Leistung: Pensl radelte von Steyr nach Wien, nahm dort an der österreichischen Marathonmeisterschaft teil, gewann als erster Österreicher den Titel mit einer Zeit unter drei Stunden und kehrte anschließend auf dem Fahrrad nach Steyr zurück.
Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 wurde Pensl arbeitslos. 1934 kämpfte er im Republikanischen Schutzbund gegen die Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur. Nach der Niederlage des Schutzbundes schloss er sich der kommunistischen Bewegung im Untergrund an und wurde in den folgenden Jahren mehrmals verhaftet. Nach einer dreimonatigen Haftstrafe konnte er 1935 wieder in den Steyr-Werken arbeiten. 1939 verlor Pensl aufgrund seiner politischen Haltung erneut seine Arbeit und wurde Monteur bei einer Installationsfirma. Im Winter 1941/42 fand ein schicksalhaftes Ereignis statt: Nach einem Reparatureinsatz äußerte sich Pensl kritisch über den Krieg und die Behandlung von Juden und Jüdinnen sowie von Kriegsgefangenen. Eine Bewohnerin des Hauses zeigte ihn daraufhin an. Im Juni 1942 wurde er vor das Sondergericht beim Landesgericht Linz gestellt und zu einem Jahr Gefängnis nach dem „Heimtückegesetz“ verurteilt.
Nach seiner Haftentlassung im Jahr 1943 geriet Pensl erneut ins Visier der Gestapo und wurde im Oktober 1944 in das KZ Mauthausen deportiert. Trotz der grausamen Bedingungen unterstützte er seine Mitgefangenen und strahlte Mut und Zuversicht aus (Alois Zehetner). Im April 1945 ordnete Gauleiter August Eigruber die Hinrichtung von 34 oberösterreichischen Kommunisten an, darunter auch Otto Pensl, der aufgrund dessen nur wenige Tage vor der Befreiung ermordet wurde.
Otto Pensl hinterließ ein beeindruckendes Vermächtnis: Als herausragender Sportler, als engagierter Kämpfer für soziale Gerechtigkeit und als mutiger Kritiker des NS-Regimes. Sein Leben ist für uns ein Vorbild für Courage und Menschlichkeit. In seiner Heimatstadt Steyr wird auf vielfältige Art und Weise an Pensl erinnert: Neben einer Straßenbenennung in Münichholz, gibt es eine Gedenktafel vor der Berufsschule, die an den Namensgeber der Adresse erinnert. 2023 fand in Steyr ein Gedenklauf an Otto Pensl statt, der die sportlichen Leistungen des Widerstandskämpfers würdigen und eine besondere Form der Erinnerung darstellen sollte. Bei diesem Anlass übergaben die Angehörigen von Otto Pensl dessen Siegesmedaille von 1925 an das Mauthausen Komitee Steyr, welches sich vor Ort für die Erinnerung an die NS-Zeit einsetzt. Die Medaille wird heute im Stadtarchiv Steyr bewahrt.
Martin Hagmayr, Doris Hörmann