Typische Chaco-Landschaft, 1924–1928

Typische Chaco-Landschaft, 1924–1928
Weltmuseum, VF 24607

Fotograf: Hans Sidonius Becker

Hans Sidonius Becker, geboren am22. September 1895 in Pola, Kroatien und gestorben am 16. Dezember 1948 in Santiago de Chile, war Maler und Architekt. Seine Ehefrau Etta Becker-Donner (1911–1975) war Ethnologin. Nach Besuch der Kunstgewerbeschule (1913/1914) und einem Studium an der Technischen Hochschule (1919–1922) begab er sich gemeinsam mit Etta Becker-Donner – die später Direktorin des Museums für Völkerkunde wird – nach Südamerika. 

 

Im Juli 1924 wurde Becker Leiter der Bau- und Straßenabteilung der Compañía Internacional de Productos in Asunción, Paraguay. Er konzentrierte sich auf die Region Chaco und arbeitete unter anderem an Hafenerweiterungen, der Errichtung von Fabriken für die Gerbstoffgewinnung und dem Bau von Eisenbahnlinien. Diese Aufgaben brachten ihn mit der Region und ihren Menschen in Kontakt. Die vorliegende Fotografie zeigt eine menschenleere Landschaft, die sich in den ethnologischen Kanon der leeren Landschaft einreiht Die Tatsache, dass keine Menschen abgebildet sind, erweckt den Eindruck, dass diese Landschaft frei zugänglich ist und angeeignet werden kann. Es ist zu beachten, dass Becker im Inventar des Weltmuseums als Sammler und nicht als Fotograf angeführt ist. Möglicherweise war er beides, es könnte jedoch auch sein, dass er das Foto vor Ort in Paraguay erworben hat.

 

Becker ging 1928 nach Wien zurück und arbeitete als Straßenbauingenieur und als Innenarchitekt. Von 1932 bis 1935 war er Mitglied der Wiener Künstlervereinigung Hagenbund, in dessen Rahmen er 1933 eine Ausstellung von Wiener Ansichten gestaltete. 1934 bis 1938 war er Propagandaleiter der austrofaschistischen Vaterländischen Front und als solchen deportierten ihn die Nationalsozialisten mit dem ersten „Prominententransport“ in das Konzentrationslager Dachau. Von September 1939 bis Dezember 1940 war er erstmals im KZ Mauthausen inhaftiert.

 

Nach seiner Freilassung wurde er in die Reichskunstkammer aufgenommen und war wieder als Innenarchitekt tätig. Als Mitbegründer der Widerstandgruppe O5 gelangte er Anfang April 1945 schließlich nochmals ins Konzentrationslager Mauthausen. Nach der Befreiung ging Becker 1947 als Diplomat nach Südamerika, wo er ein Jahr später ermordet wurde.

 

Hanin Hannouch
WELTMUSEUM | Online Sammlung

Back to the exhibition